B  Gemeindeleitung

 

4  Aufgaben des Presbyteriums

 

4.5  Bildung

 

Kinder- und Jugendarbeit

Lebenslagen, Lebensstile, Lebensziele von Kindern und Jugendlichen haben sich verändert. „Die“ Kindheit und „die“ Jugend gibt es nicht mehr. Vielmehr finden wir sehr unterschiedliche Lebensstile und Einstellungen vor, mit denen Jugendliche ihr Lebensgefühl ausdrücken. Dabei spiegeln sie die Erwachsenenwelt. Unsere Gesellschaft, die vieles an Leistung, Marktwert und Profit misst und auf Konkurrenz basiert, hat ein geheimes Motto: „Alles ist möglich.“ Jede und jeder ist selbst dafür verantwortlich herauszufinden, was Wert hat und Sinn macht. Wert- und Sinnangebote gibt es nicht zu wenige, sondern eher zu viele auf dem Markt der Religionen und Weltanschauungen. Kinder und Jugendliche müssen wählen. Sie sollten dabei nicht sich selbst überlassen und damit überfordert werden.

Existenz- und Sinnfragen unter Jugendlichen haben augenscheinlich zugenommen, doch Antworten auf diese Fragen werden anscheinend immer weniger in der Kirche und der christlichen Tradition gesucht. Die Kirche wird als eine Institution der Erwachsenenwelt angesehen und als tendenziell jugendfeindlich bewertet. Wie andere Institutionen (Parteien, Gewerkschaften, Schule, Justiz) führt sie in den Augen der Jugendlichen ein Eigenleben und hat mit ihrem Lebensgefühl nicht mehr viel zu tun.

Religiöses Interesse ist allerdings da: Fragen nach dem Woher und Wozu des Lebens, Nachdenken über Krankheit und Tod, Spekulationen über das Jenseits und die persönliche Zukunft oder die Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Welterklärungen finden bei Jugendlichen oft mehr Aufmerksamkeit als bei Erwachsenen. Umfragen haben ergeben, dass fast die Hälfte aller Jugendlichen eigene religiöse Formen praktiziert: Es beten mehr Jugendliche, als meist angenommen wird, obwohl nur die Hälfte von ihnen sich vorstellen kann, einen Gottesdienst zu besuchen. Religiöse Zugangswege haben sich verändert: Viele schreiben Tagebücher, andere schalten beim Musikhören ab oder versuchen es mit Meditation. Besuche in Fußballstadien und von Rockkonzerten können auch religiöse Dimensionen entwickeln.

 

Evangelische Arbeit mit Kinder und Jugendlichen als lebensbegleitende Orientierungshilfe

Evangelische Jugendarbeit als lebensbegleitende Orientierungshilfe nimmt diese Herausforderung auf. Sie ist orientiert an den Kindern und Jugendlichen. Sie geschieht im Spannungsfeld der Botschaft des Evangeliums und der Situation der Kinder und Jugendlichen in Kirche und Gesellschaft. Sie findet auch an anderen Orten als unmittelbar in der Ortsgemeinde statt. Nicht nur die Kirche, Jugend- und Gemeindehäuser, auch der Treff auf dem Spielplatz, der Brücke über dem Fluss, der Baggersee, die Hütte am Stadtrand oder die Schule sind Erfahrungs- und Handlungsräume. Im Auftrag des Evangeliums von Jesus Christus sollte die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eine Kultur des Vertrauens schaffen.

Evangelische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stellt ihnen Räume in jeder Hinsicht bereit: Lebensräume, Freiräume, Bewegungsräume, Spielräume, Begegnungsräume.

In der evangelischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind ehrenamtlich und hauptberuflich Tätige bereit, sich mitzufreuen und mitzutrauern, Konflikte auszuhalten und Einzelne zu begleiten. So versuchen sie umzusetzen, was mit dem Wort Jesu gemeint ist: „Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei“ (Mt 5,41).

 

Strukturen und Ordnungen

Die evangelische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den Gemeinden, Kirchenkreisen und auf der landeskirchlichen Ebene ist gekennzeichnet von einer Vielfalt von Themen und Formen. Da gibt es neben offenen Angeboten zur Freizeitgestaltung Projekte und Initiativen, Freizeiten, Jugendbildungsarbeit sowie in erstaunlich großem Umfang die klassische Gruppenarbeit. Hierbei kann alles zum Thema werden, was Kinder und Jugendliche interessiert. Organisiert wird all dies auf der Gemeindeebene durch den CVJM (Christlicher Verein junger Menschen), durch den VCP (Verband christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder), durch den EC (Jugendverband „Entschieden für Christus“), aber häufig auch durch die Gemeindejugend. Landesweite Angebote machen zusätzlich die Evangelischen Jugendbildungsstätten und die ESW (Evangelische Schülerinnen- und Schülerarbeit in Westfalen). Mit all diesen Angeboten erreicht die Evangelische Jugend von Westfalen nach neuesten Untersuchungen regelmäßig ca. 150.000 junge Menschen.

Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gibt es Ordnungen, die nach der Landessynode 1997 (mit der Hauptvorlage „Ohne uns sieht eure Kirche alt aus“) eine neue Perspektive erhalten haben. Grundlage ist nun der dort beschlossene Perspektivenwechsel, der seinen Ausdruck in der auf der Landessynode einstimmig beschlossenen Kinder- und Jugendcharta findet.

Nach Artikel 203 Absatz 1 Satz 1 KO ist das Presbyterium für den Dienst an der konfirmierten Jugend verantwortlich.

1Das Presbyterium ist für den Dienst an der konfirmierten Jugend verantwortlich. 2Die Jugendarbeit der Gemeinde geschieht in Verbindung mit den bestehenden Jugendwerken. 3Das Presbyterium stellt die notwendigen Räume und Mittel zur Verfügung. 4Wo es notwendig ist, sorgt es für die Anstellung haupt- und nebenberuflicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Derselbe Gedanke findet sich auch in der Ordnung für den Dienst der Jugendpresbyter (RS 345). Dort heißt es unter anderem, dass es Aufgabe der Jugendpresbyterinnen und Jugendpresbyter sei, im Presbyterium stets darauf hinzuarbeiten, dass dort der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen die nötige Aufmerksamkeit gewidmet werde. Das schließt eine angemessene finanzielle und personelle Ausstattung ein.

Die Ordnungen betonen, dass Kinder und Jugendliche an den Entscheidungen auf allen Ebenen beteiligt werden sollen. So soll es in den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen Jugendausschüsse geben, in denen Jugendliche und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit Presbyteriumsmitgliedern Verantwortung übernehmen. Engagierte Jugendliche organisieren sich in Gemeinde-, Kreis- und Landesjugendvertretung, um den Interessen und Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Gewicht und Gehör zu verschaffen.

In vielen Fällen entspricht die Struktur von verfassten Gremien aber nicht der Lebenswelt und den Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen, sodass in bestimmten Fällen auch andere Beteiligungsformen angewandt werden:

  • Runde Tische – in den Stadtteilen und Gemeinden, in denen sie wohnen,
  • Arbeitskreise – zu Problemen und Aufgaben von Jugendarbeit in überschaubaren Zeiträumen,
  • Projektgruppen – weil aktuelle Inhalte für Jugendliche und Erwachsene eine Herausforderung sind,
  • Foren und Hearings – als Möglichkeit, zur Sprache zu bringen, was unter den Nägeln brennt.

Auf der landeskirchlichen Ebene bündeln und entwickeln zwei Institutionen die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen:

1. Die Evangelische Jugendkonferenz von Westfalen (EJKW) Diese Konferenz ist eine Arbeitsgemeinschaft für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der EKvW. In ihr arbeiten Delegierte der Kirchenkreise sowie Vertreterinnen und Vertreter der auf landeskirchlichen Ebene tätigen Jugendwerke, Ämter und Verbände zusammen. Sie tagt einmal jährlich im Plenum, daneben können je nach Bedarf Tages- oder Halbtagestreffen stattfinden.

2. Die Jugendkammer Die Jugendkammer als Beschlussgremium des Jugendverbandes und als Kirchenleitungsausschuss für die Jugendarbeit ist zuständig für die Ausrichtung und Förderung der gesamten Jugendarbeit in der EKvW. Sie setzt sich zusammen aus den Vertreterinnen und Vertretern der Ämter, Werke und Verbände und den synodalen Delegierten der EJKW. Vorsitzender der Jugendkammer ist die Landesjugendpfarrerin oder der Landesjugendpfarrer (Artikel 203 Absatz 2 Satz 3 KO).

Um die Stimme der Jugendlichen in der Leitung von Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirche zu stärken, hat die Landessynode das Erprobungsgesetz zur Beteiligung junger Menschen in kirchlichen Leitungsorganen beschlossen.

Es sieht die Beteiligung mindestens einer Person unter 28 Jahren in jedem Leitungsorgan vor. Näheres dazu finden Sie hier

 

Kirchlicher Jugendplan

Für den kirchlichen Jugendplan in unserer Landeskirche werden Kollekten an den Konfirmationssonntagen in den Kirchengemeinden gesammelt. Der Jugendplan fördert Maßnahmen der Evangelischen Jugend Westfalen. Nach festgelegten Richtlinien können

  • Maßnahmen und Projekte zum Thema Spiritualität,
  • Freizeiten und Seminare mit behinderten und nicht behinderten jungen Menschen,
  • innovative Projekte,
  • die Aus- und Fortbildung Ehrenamtlicher
    gefördert werden.

Zudem fördert der Kirchliche Jugendplan Ehrenamtliche in den Gremien der Landes- und Bundesebene, Kinder- und Jugendevents auf der Landesebene sowie Publikationen und die Öffentlichkeitsarbeit, soweit sie landesweite Bedeutung hat.

Die Anträge auf Förderung können an den Finanzausschuss der Jugendkammer (Geschäftsführung Amt für Jugendarbeit der EKvW) über die kreiskirchlichen Geschäftsstellen gerichtet werden.

Kinder und Jugendliche in unserer Kirche sollen kein Schattendasein führen. Sie zu stärken, ihnen nachzugehen und aus dem Evangelium Sinnangebote zu gestalten ist das Ziel aller Aktivitäten Evangelischer Jugendarbeit.

Kontaktadressen sind die Jugendpfarrämter, Werke und Verbände, Kontaktstellen in den Kirchenkreisen und das Amt für Jugendarbeit der EKvW in Schwerte.

 

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