B Gemeindeleitung
4 Aufgaben des Presbyteriums
4.8 Gemeindeaufbau bzw. Gemeindeentwicklung
Die Kirche ist kein Jesus-Gedächtnis-Verein und keine museale Gemeinschaft zur Bewahrung der Asche traditioneller Christlichkeit. Sowohl die biblischen Bilder von Gemeinde als auch das reformatorische ecclesia reformata semper reformanda secundum verbum dei (die Kirche der Reformation muss ständig reformiert werden – nach dem Wort Gottes) machen sehr deutlich, dass der christlichen Gemeinde eine lebendige Dynamik innewohnt.
Diese Dynamik, die im Heiligen Geist gründet und durch seine Wirkung in den Menschen Gestalt gewinnt, nennt man Gemeindeaufbau oder Gemeindeentwicklung.
Gemeindeaufbau ist der eigentlich im Neuen Testament verwendete Begriff Oikodome – Hausbau. Allerdings – wie auch allzu oft bei einem Hausbau – wird der Bau nie fertig (zum Beispiel 1. Petr 2,5). Für manche Ohren klingt etwas Technokratisches in diesem Wort, so, als könnten wir Menschen Gemeinde bauen. Dabei ist sie doch von Anfang bis Ende abhängig von Gott.
Gemeindeentwicklung dagegen betont, dass schon alles in der Gemeinde angelegt ist, es sich nur noch entwickeln muss. Das ist ganz ähnlich wie bei einem Weizenkorn. Allerdings könnte hier eingewendet werden, dass es beim Gemeindeaufbau schon auch um das geht, was wir – natürlich unter der Leitung des Heiligen Geistes – anpacken können.
Letztlich ist es nicht wichtig, welchen Begriff wir wählen, entscheidend ist, im Gemeindeaufbau eine zentrale Leitungsaufgabe des Presbyteriums zu sehen. Presbyterinnen und Presbyter sollen die Gemeinde nicht verwalten, sondern leiten. Leiten beschreibt einen Weg auf ein Ziel hin, eine dynamische Bewegung. Nach Eph 4,12 heißt das Ziel: Zurüstung der Heiligen, damit der Leib Christi erbaut wird. Eben: Gemeindeaufbau.
Es gibt für den Gemeindeaufbau unterschiedliche Konzepte. Entscheidend für den Gemeindeaufbau ist es aber, nicht einfach die eine oder andere Veranstaltung anzubieten. Viel wichtiger ist es, sich über Identität und Aufgabe der konkreten Kirchengemeinde an diesem Ort zu dieser Zeit zu verständigen und eine Konzeption für die Arbeit der Gemeinde zu erstellen. Dann geht es darum, Ziele zu formulieren und Umsetzungsschritte zu erarbeiten.
Dazu gibt es in der Landeskirche Unterstützung, besonders im Institut für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste (igm).
Bei einer solchen Gemeindeaufbauarbeit kann es natürlich ganz unterschiedliche Schwerpunkte geben. Die eine Gemeinde legt einen Fokus auf diakonische Arbeit, die andere mehr auf missionarische Arbeit. Eine Gemeinde richtet sich zielgruppenorientiert aus, zum Beispiel auf Jugend-, Familien- oder Seniorenarbeit. Eine andere Gemeinde legt einen Schwerpunkt auf Gottesdienst, Kultur- und Bildungsarbeit.
Dabei ist es wichtig, dass in der Tat der Schwerpunkt nur ein Schwerpunkt und nicht alles ist.
Jede Gemeinde hat dabei vier Grunddimensionen zu bedenken, die in der alten Kirche wie folgt benannt wurden:
- Leiturgia: Das meint, Gottesdienst zu feiern, zu beten, zu hören und zu antworten.
- Martyria: Das heißt „Zeugnis“. Damit ist die missionarische Dimension gemeint. Es geht darum, Christus zu bezeugen, zur Umkehr zu rufen, zur Gemeinde einzuladen.
- Koinonia: Damit ist die Gemeinschaft gemeint. Es geht dabei genauso um die Mahlfeier, wie auch darum, einander beizustehen und gemeinsam in der Gemeinde zu arbeiten und zu feiern.
- Diakonia: Im Namen Jesu sollen wir den Menschen dienen und helfen und sie ansehen und aufrichten, so wie Jesus sich ihnen zugewandt hat.
Aufgabe des Presbyteriums ist es, in der konkreten Gemeindearbeit darauf zu achten, dass alle vier Dimensionen von Gemeinde zu ihrem Recht kommen und in einem guten Verhältnis für diese Zeit an diesem Ort stehen.