B Gemeindeleitung
6 Wirtschaftliche Leitung
6.6 Bewirtschaftung von Finanz- und Sachvermögen
Unter dem Begriff Vermögen versteht man die Summe aller in Geld messbaren subjektiven Rechte einer natürlichen oder juristischen Person. Kirchliches Vermögen kann einen finanziellen, einen emotionalen oder einen strategischen Wert haben. Eine Sache mag zwar kaum Bilanzgewicht haben, kann aber sehr wohl künstlerischen, ökologischen, geschichtlichen oder wissenschaftlichen Wert haben. Kirchliches Vermögen tritt zunächst in Erscheinung als:
- Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, hierzu gehören die damit verbundenen aufstehenden Gebäude und zum Beispiel Erbbaurechte, Wegerechte usw.
- Geldvermögen, zum Beispiel Kapitalvermögen, Rücklagen
- Rechte gegenüber Dritten, zum Beispiel Patronatsrechte
- sonstige Rechte und Forderungen, zum Beispiel aus Verträgen
- Gegenstände von besonderem historischen, künstlerischen Wert, zum Beispiel Altarbild, Abendmahlskelch
- sonstige Vermögenswerte, die im Einzelfall einen erheblichen wirtschaftlichen Wert haben können.
Die Kirchengemeinden verwalten das ihr anvertraute Vermögen im Rahmen des kirchlichen Auftrags und der dafür vorgesehenen Ordnung (vgl. Artikel 156 Absatz 1 KO, § 2 Absatz 1 VwO.d). Kirchliche Finanz- und Vermögensverwaltung ist daher immer eine treuhänderische Vermögensverwaltung.
Die VwO.d enthält einen ganzen Katalog an Bestimmungen über die Art und Weise des Umgangs mit dem kirchlichen Vermögen.
Hierzu gehören beispielsweise:
- Vermögenserhaltung und -verbesserung (§§ 2, 14, 15, 29, 49 VwO.d),
- Angemessene Ertragserzielung (Vermietung, Verpachtung, Erbbauzinsen) (§§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 30, 33 VwO.d),
- Rechtzeitiges Planen und planmäßiges Bewirtschaften (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VwO.d),
- Klarstellung der Rechtsverhältnisse (§ 16 VwO.d),
- Nachweis des Vermögensbestandes (§§ 17 ff. VwO.d),
- Gewähr eines ausreichenden Versicherungsschutzes (§ 20 VwO),
- Unterhaltung und Pflege des Grundbesitzes (§ 32 VwO) und der Gebäude (§ 38VwO),
- Baubesichtigungen (§ 39 VwO),
- Inanspruchnahme der Bauberatung und Bauplanung durch das Landeskirchenamt (§§ 40, 41 VwO),
- Rechenschaft über die Verwaltung des Vermögens (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 VwO.d).
Gemäß § 14 Absatz 1 VwO gliedert sich kirchliches Vermögen in Kirchenvermögen, Pfarrvermögen und sonstiges Zweckvermögen (zum Beispiel Diakonie-, Friedhofsvermögen usw.). Das Kirchenvermögen dient den allgemeinen kirchlichen Bedürfnissen, das Pfarrvermögen der Pfarrbesoldung und das sonstige Zweckvermögen den kirchlichen Zwecken, denen es gewidmet ist (§ 14 Absatz 1 Satz 3 VwO.d). Die Zweckbestimmung des Vermögens erstreckt sich sowohl auf das bei Veräußerung oder Verlust erlangte Ersatzvermögen (zum Beispiel Kaufpreis oder Versicherungsentschädigung) als auch auf Vermögensmehrungen (Zinsen). In dem folgenden Schaubild wird beispielhaft das Zusammenspiel der Zweckbestimmung und den unterschiedlichen Vermögensteilen deutlich.
Vermögensarten | Kirchenvermögen | Pfarrvermögen | Diakonievermögen | Friedhofsvermögen | Sonstiges Zweckvermögen |
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Grundstücksvermögen | Grundstücke und Erbbaurechte | zum Beispiel Grundstück, das dem Pfarrvermögen zugeordnet ist | — | Friedhofsgrundstück mit Kapelle | — |
Kapitalvermögen | Sparbücher, Festgeld und Tagesgeldkonten, Sparbriefe | ||||
Rücklagen | zum Beispiel Orgel- oder Glockenrücklage, Bauunterhaltung | Rücklagen zur Finanzierung von Beihilfeansprüchen | Klingelbeutelgelder, zweckgebundene Spendenmittel | Friedhofsunterhaltungsrücklage | — |
Gegenstände von besonderem Wert | Abendmahlskelch, Altarbild usw. | — | — | — | — |
Sonstige wiederkehrende Rechte und Pflichten | Renten, Zuschüsse, Dotationen | — | — | — | — |
Grundstücke des Pfarrvermögens sind grundsteuerbefreit (gem. § 3 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 6 GrStG). Die Grundsteuerbefreiung beruht als sog. „negative Staatsleistung“ auf Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV. Das betrifft Dienstwohnungsgrundstücke („Pfarrhaus“) und Grundstücke, die mindestens seit dem 1. Januar 1987 dem Pfarrvermögen gewidmet sind. Später erworbene oder dem Pfarrvermögen gewidmete Grundstücke sind nicht mehr grundsteuerbefreit. Infolgedessen besteht für die Grundstücke, die sich im Bestand vor dem 1. Januar 1987 befinden, ein erhöhter Bestandsschutz.
Für Grundstücke gilt der kirchliche Grundsatz der Unveräußerlichkeit (§ 29 VwO.d). Grundstücke unterliegen nicht der Inflation wie Barvermögen und nicht der Abschreibung wie Gebäude; deshalb ist Grundstücksvermögen (auch langfristig) besonders wertvoll. Die Verwaltungsordnung sieht deshalb für den Veräußerungsfall eine Genehmigungspflicht vor (§ 30 VwO.d). Im Veräußerungsfall ist deswegen folgende Kaskade vorgesehen: Zuerst der Tausch oder der sofortige Erwerb eines gleichwertigen Ersatzgrundstückes, dann der spätere Erwerb eines Ersatzgrundstückes. Es ist deshalb grundsätzlich wirtschaftlich klug, den Veräußerungserlös wegen der besonderen Werthaltigkeit von Grundvermögen nicht in andere Vermögensgegenstände zu investieren.
Geldvermögen ist ebenfalls ertragbringend anzulegen. In Zeiten niedriger Zinsen ist das mit erhöhtem Aufwand verbunden. Dafür bietet die Richtlinie für Finanzanlagen (Richtlinie zu § 49 VwO.d; Stichwort „Finanzanlage“ in das Suchfeld bei https://www.kirchenrecht-ekvw.de eingeben) Maßgaben und Hinweise (vgl. insoweit auch https://www.aki-ekd.de/fileadmin/Publikationen/ekd_texte_113_vierte_Auflage_2019.pdf)