B  Gemeindeleitung

 

6  Wirtschaftliche Leitung

 

6.6  Bewirtschaftung von Finanz- und Sachvermögen

 

Kirchliche Stiftungen im Bereich der EKvW

Kirchliche Stiftungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kirchliche und/oder diakonische Zwecke verfolgen und der Aufsicht der jeweiligen Landeskirche unterstellt sind. Seit der Jahrtausendwende fand ein regelrechter Stiftungsboom statt. Zuletzt sind Errichtungen jedoch im Zuge der Niedrigzinsphase stark zurückgegangen, was insbesondere mit den dadurch beschränkten Wirkungsmöglichkeiten im Zusammenhang steht.

 

Selbstständige Stiftung

Eine rechtlich selbstständige Stiftung ist eine juristische Person, die mithilfe eines Vermögens auf Dauer einen von der Stifterin oder dem Stifter festgelegten Zweck verfolgt.

Es muss also zunächst ein Vermögen vorhanden sein, das groß genug ist, den Stiftungszweck dauernd und nachhaltig zu erfüllen. Es kann sowohl Bar- als auch Sachvermögen sein. Weiterhin muss die Stifterin oder der Stifter festlegen, welche Zwecke die Stiftung verfolgen soll. Das Stiftungskapital kann auch von mehreren Personen zusammengetragen werden.

Das Vermögen selbst darf nicht verbraucht, kann aber durch Zustiftungen vergrößert werden. Nur die Erträge des Vermögens (zum Beispiel Zins- oder Mieterträge) werden für den Zweck der Stiftung verwendet. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass langfristig (sozusagen: „auf ewig“) Mittel zur Verfügung stehen, mit denen die Stiftungszwecke verfolgt werden können. Viele Stiftungen in Deutschland bestehen daher bereits seit Jahrhunderten.

Eine rechtlich selbstständige Stiftung wird durch das sogenannte Stiftungsgeschäft begründet. Darin erklärt die Stifterin oder der Stifter die Absicht, die Stiftung errichten zu wollen, und legt ihre Zwecke sowie ihr Vermögen fest. Weitere Regelungen zur Arbeitsweise der Stiftung enthält die mit dem Stiftungsgeschäft verbundene Satzung. Um Rechtsfähigkeit zu erlangen, muss eine kirchliche Stiftung sowohl von der zuständigen Bezirksregierung als auch vom Landeskirchenamt anerkannt werden. Die Stiftung unterliegt der Aufsicht durch das Landeskirchenamt.

Zu unterscheiden sind hauptsächlich zwei Arten von Stiftungen: Förderstiftungen, die mit ihren Erträgen andere Einrichtungen oder Projekte unterstützen, und operativ tätige Stiftungen, die eigene Einrichtungen betreiben (sog. Trägerstiftungen) oder eigene Projekte durchführen. Mischformen sind möglich.

Kirchliche Stiftungen verfolgen immer gemeinnützige Zwecke. Beispiele für die Tätigkeitsfelder kirchlicher Stiftungen sind:

  • kirchengemeindliche Arbeit (zum Beispiel Jugendarbeit, Altenarbeit),
  • diakonische Einrichtungen (zum Beispiel Einrichtungen für Behinderte, Krankenhäuser, Altenheime),
  • Kirchenmusik,
  • Erhalt denkmalwerter Gebäude,
  • Bildung und Erziehung.

Wie alle juristischen Personen handelt auch die selbstständige Stiftung durch ihre Organe. Mindestens ein Organ, der Vorstand, muss vorhanden sein. Oft gibt es daneben noch ein weiteres Organ, zum Beispiel ein Kuratorium. Während der Vorstand alle laufenden Geschäfte wahrnimmt und die Stiftung nach außen vertritt, entscheidet das Kuratorium in Grundsatzangelegenheiten und übt eine interne Aufsicht über den Vorstand aus.

Zurzeit gibt es 81 selbstständige Stiftungen, die ihren Sitz im Gebiet der EKvW haben.

 

Unselbstständige Stiftungen

Steht für die Stiftungsgründung zunächst nur ein geringes Stiftungskapital zur Verfügung, bietet sich die Gründung einer unselbstständigen Stiftung an. Die unselbstständige Stiftung ist keine eigenständige juristische Person. Bei dieser Stiftungsform wird ein Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person zur treuhänderischen Verwaltung übertragen. Bei Kirchengemeinden und Kirchenkreisen besteht die Besonderheit, dass diese als Körperschaften des öffentlichen Rechts Stifter und Treuhänder in einer Person sein können. Das heißt, das Stiftungsvermögen kann als Sondervermögen der Kirchengemeinde oder des Kirchenkreises verwaltet werden. Im Übrigen funktioniert eine unselbstständige Stiftung wie eine selbstständige.

Eine unselbstständige Stiftung wird grundsätzlich durch das Presbyterium bzw. die Kreissynode und den Kreissynodalvorstand vertreten und hat meistens zusätzlich einen Stiftungsrat.

Die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung ist einfacher als die einer selbstständigen. Eine staatliche Anerkennung ist nicht erforderlich. Die vom Presbyterium oder der Kreissynode beschlossene Satzung muss lediglich kirchenaufsichtlich vom Landeskirchenamt genehmigt werden und tritt mit der Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft.

In den Jahren 2000 bis Mitte 2015 haben Kirchengemeinden und Kirchenkreise 98 unselbstständige Stiftungen errichtet. Sie haben aus dem kirchlichen Vermögen eine Anschubfinanzierung geleistet und werben seitdem um Zustiftungen zur Erhöhung des Kapitals.

 

Vermögensausstattung

Welches Vermögen eine Kirchengemeinde oder ein Kirchenkreis in eine Stiftung einbringen kann, richtet sich nach den kirchlichen Vorschriften zur Vermögensaufsicht. Bei der Vermögensausstattung einer kirchlichen Stiftung ist Folgendes zu beachten:

selbstständige Stiftung
unselbstständige Stiftung
genehmigungsfähig
  • Erbschaften/Schenkungen
  • unselbstständige Stiftungen
  • Sondervermögen (betriebswirtschaftliche Einrichtungen)
  • Erbschaften/Schenkungen
nicht genehmigungsfähig
  • Kirchensteuermittel
  • Grundstücke
  • Kapitalvermögen
  • Pflichtrücklagen
  • Spenden
  • Kirchensteuermittel
  • Grundstücke
  • Kapitalvermögen
  • Pflichtrücklagen
  • Spenden

 

Steuervergünstigungen

Sowohl für selbstständige als auch für unselbstständige gemeinnützige Stiftungen gelten besondere Steuervergünstigungen, insbesondere die Befreiung von der Körperschaft- und der Vermögensteuer. Daneben gibt es steuerliche Anreize für diejenigen, die eine Stiftung gründen bzw. einer Stiftung Zuwendungen (Zustiftungen und Spenden) zukommen lassen. Der Gesetzgeber hat die Anreize in den letzten Jahren stetig erweitert. Informationen finden sich im Internet beim Bundesverband der Deutschen Stiftungen unter dem Stichwort „Steuern“. Zum aktuellen Rechts­stand kann jeder Steuerberater oder das Steuerdezernat im Landeskirchenamt Auskunft geben.

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erfolgt beim örtlich zuständigen Finanzamt. Dazu ist dort die Stiftungssatzung – sinnvollerweise bereits im Entwurfszustand – vorzulegen.

 

Praktische Hinweise

Im Vorfeld der Errichtung einer Stiftung sollten die Stifterin oder der Stifter die Vor- und Nachteile einer Stiftung abwägen. Hierzu erscheint es insbesondere angeraten, eine konkrete Finanzplanung zu erstellen, in welcher der Finanzierungsbedarf und die zur Verfügung stehenden Erträge gegenübergestellt werden. In Zeiten von niedrigen Zinsen ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass das gestiftete Kapital langfristig gebunden wird, ohne nennenswerte Erträge abzuwerfen. Solche sind in der Regel nur unter Inkaufnahme eines höheren Risikos zu erwirtschaften. Vor der Errichtung einer Stiftung sollte eine Beratung mit der Stiftungsaufsicht im Landeskirchenamt erfolgen.

Weiteres Informationsmaterial kann auch im Internet abgerufen werden im Downloadbereich der EKvW unter dem Stichwort „Kirchliche Stiftungen“.

 

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