E Andere Religionsgemeinschaften
6 Religiosität asiatischer Herkunft
6.1 Begegnungen mit buddhistischer und hinduistischer Religiosität
Ursprünglich im asiatischen Raum beheimatete Religiosität ist bei uns auch schon lange präsent. Zwar dürfte die Zahl ihrer in religiösen Vereinigungen zusammengeschlossenen Mitgliedern nur bei einem halben Prozent liegen, doch bietet sie eine Vorlage für moderne spirituelle Trends. Folglich begegnet man ihr weniger in Gestalt der großen Weltreligionen Hinduismus oder Buddhismus als vielmehr in Zen- und Yoga-Kursen, in asiatischen Kampfsportzentren, bei Wellness-Angeboten auf der Basis von Ayurveda, in chinesischer Medizin, im Qi Gong, Tai Chi Chuan, Reiki oder Feng Shui. Erkennbar wird sie folglich nicht so sehr durch Organisationen und Institutionen, sondern eher durch ihre Lehre und Praxis.
Der Buddhismus wird wahrgenommen als eine erfahrungsbezogene Vernunftreligion ohne Dogmen oder Mythen. Er bedient die Suche nach spiritueller Höherentwicklung. Auch wirken seine ethischen Ansprüche wie der Verzicht auf Gewalt, auch gegenüber Tieren, hoch attraktiv.
Hinduistische religiöse Praxis mit Meditation, Askese und Yoga und der rituellen Verehrung von Gurus und Göttern findet sich in Deutschland meistens in Migrationsgemeinden. In der Esoterik allerdings werden ursprünglich hinduistische Konzepte aufgenommen wie beispielsweise Reinkarnation und Karma, Meditations- oder Yogatechniken.
Vorübergehende Aufmerksamkeit bekamen in den 1970er Jahren neohinduistische Gruppen, die als Guru-Bewegungen oder als sogenannte „Jugendsekten“ wahrgenommen wurden. Bekannt wurden vor allem die Hare-Krishna-Bewegung (ISKCON), die Transzendentale Meditation und die „Bhagwan“ Shree Rajneesh – Bewegung (Osho-Commune).
Selten stellt man sich den anspruchsvollen Anforderungen der jeweiligen Herkunftsreligionen, sondern übernimmt stattdessen nur selektiv ausgewählte Aspekte. Dies kommt unserer hochindividualisierten Gesellschaft sehr entgegen. Eine persönliche und erfahrungsbezogene Spiritualität wird oft als Gegenmodell zu einer als erstarrt empfunden institutionellen Kirchlichkeit wahrgenommen. Hinzu kommen klischeehafte Vorstellungen von einer pazifistisch und ökologisch orientierten Ethik, von einer Einheit aus Leib und Seele wie auch aus Religiösem und Weltlichem.